Auf Anhieb ein Treffer – Gasshuku 2025

Von Bianca Walsleben

Einen kleinen Eindruck vom Organisationstalent des TV Wehen aus Taunusstein nahe Frankfurt am Main konnte man in diesem Jahr bereits auf der Mitteldeutschen Meisterschaft im Frühjahr bekommen. Was der Vorsitzende und Kopf des Orga-Teams, Chris Hörnberger, dann aber auf die Beine gestellt hat, setzte neue Maßstäbe. Erst vor eineinhalb Jahren gegründet, erklärte sich der noch junge Verein schon jetzt bereit, das größte deutsche Karatetreffen auszurichten – das Gasshuku. Es wurde gefühlt an alles gedacht und was vielleicht noch nicht auf Anhieb funktionierte, wurde in Windeseile nachgezogen. Hinter Chris stand eine Mannschaft aus durchweg motivierten, freundlichen und zuvorkommenden freiwilligen Helfern, die Tag und Nacht um das Wohl der fast tausend Gäste bemüht waren. Wo man auch hinhörte, jeder war voll des Lobes und das äußerst verdient.

Gleich vom ersten Tag an ging es fulminant los. Als Auftakt stand der Ländervergleichskampf am Montagabend auf dem Programm. Es startete das Nationalteam Deutschland gegen das Team International mit Kämpfern aus Ungarn, Frankreich und England. Der Einlauf der Starter wurde von einem Lichterregen flankiert und führte zum eingerahmten Center Court. Vom „Hatsuun Jindo“ Karate-Club Magdeburg-Barleben e. V. durfte Sophie Willuweit Deutschland vertreten. Sie gewann ihre spannende Kumite-Begegnung und sicherte ihrem Team damit wertvolle Punkte. Die durchweg anregenden Darbietungen in Kata und Kumite wurden zusätzlich von einem Rahmenprogramm untermalt. Am Ende führte das Team International die Punktewertung an und entschied den Abend für sich.

Der frühe Vergleichskampf hatte für den ein oder anderen Zuschauer den Vorteil, dass er für zusätzliche Motivation im Training sorgte. Bei drei täglichen Einheiten blieb kein Anzug trocken und kein Muskel ungenutzt. Im morgendlichen Kata-Training legte Sensei Andreas Klein beispielsweise viel Wert darauf, die Kata in ihrer realen Anwendbarkeit zu laufen, denn für jede Bewegungsausführung können Anwendungsfälle gefunden werden – manche realistischer als andere – doch alle Varianten haben ihre Berechtigung. Sein Schwerpunkt lag insbesondere darin, auf engem Raum die Techniken der Kata anwendbar zu machen. Im Training mit Shihan Hideo Ochi und Shihan Thomas Schulze stand der Hüfteinsatz im Vordergrund. Mit einer Kombination aus Basistechniken wurde dies zunächst geübt und dann mit dem Partner als weiterführende Version vertieft. Dabei waren Schnelligkeit, Reaktionsvermögen und Fokussierung gefragt. Die gleichen Fähigkeiten erforderte auch das Training von Julian Cheese. Seine Kombinationen für Angreifer und Verteidiger war noch ausführlicher und er arbeitete mit Varianten, was einen zusätzlichen Schwierigkeitsfaktor darstellte. Das Ganze gipfelte in einem Wettbewerb innerhalb der kompletten Halle. Sensei Julian rief nacheinander jeweils ein Viertel der Trainierenden auf, die wiederrum zwei Gruppen bildeten. Ziel war es, die Übung aus der Trainingseinheit mit dem Partner durchzuführen und in Kampfgeist sowie Ausführung der anderen Gruppe überlegen zu sein. Die übrigen dreiviertel der Halle waren die Kampfrichter. Eine Trainingsmethode, die von allen mit viel Hingabe, aber auch Humor angenommen wurde. Ein Augenzwinkern war auch immer beim Training mit Sensei Pascal Senn dabei. Sein Training startete mit der ungewöhnlichsten aber sehr effektiven Erwärmung von allen. Sie ging fließend in den Hauptteil über und baute sich sukzessive auf. Was zunächst mit einem Nachahmen der Bewegung des Gegners begann, wurde schnell zu einem vorgegebenen Reagieren auf die Techniken. Die Endform bestand darin, dass der Partner entweder nur Bewegungen auf der Stelle machte, die nachzumachen waren, oder er fügte noch eine Ausweichbewegung an, auf die der Partner immer nur mit einer vorgegeben Variante reagieren durfte. Dabei konnte die Gleitbewegung vor, zurück, links oder rechts lang gehen. Das zu erkennen und schnellstmöglich zu reagieren, bei stetig wechselnden Partnern war zwar eine Herausforderung, doch beflügelte sie jeden einzelnen im Raum zu Höchstleistungen.

Das Training von Sensei Toribio Osterkamp war zunächst auf Kihon ausgerichtet, aber in ungewohnten Kombinationen, was bei den hohen Temperaturen den Karatekas alles abverlangte. Der letzte Teil seiner Einheit beinhaltete ein Kumite zu dritt, welches auf engstem Raum die Varianten des Empi Uchi am Partner zum Gegenstand machte. Eine ähnliche Übung hatte auch Sensei Hikaru Hirose vom JKA Head Quarter mitgebracht. Bevor es dazu kam, widmeten er und auch Shihan Takuya Taniyama sich dem Einsatz der Füße und darauf aufbauend, den Einsatz der Hüfte. Mit verschiedenen kleinen Übungen lenkten sie das Bewusstsein der Karatekas auf den Mittelfuß, auf die Streckung des hinteren Beines und den Transport des Schwerpunktes über Fuß, Bein und natürlich auch Hüfte. Eindrucksvoll demonstrierte Sensei Hirose einen vermeintlich einfachen Oi Zucki Jodan. Wie er jedoch dabei alle Einzelteile optimal zum Einsatz brachte, bietet noch Stoff für viele weitere Trainingseinheiten. Und das soll ein Gasshuku im besten Fall auch tun. Neue Ideen und Ansätze aufzeigen, eigene Grenzen erkennen und den Willen wecken, diese zu überschreiten. Das gelang individuell jedem der eingeladenen Trainer. Leider trainierte die Gruppe ab 3. Dan nicht bei Sensei Markus Rues, daher konnte hier nicht auf sein Training eingegangen werden, doch aus den Berichten der anderen Gruppen wurde deutlich, dass auch seine Einheiten sehr lehrreich waren.

Wenn die drei Einheiten des Tages absolviert waren stand Freizeit auf dem Programm. Manche zog es zur Erholung in die Übernachtungsmöglichkeiten, also in eines der Klassenzimmer direkt bei den Hallen, auf die Campingwiese oder in das nahegelegene Hotel. Am Mittwoch gab es wie üblich nur zwei Trainingseinheiten, sodass sich die insgesamt dreizehn HKC-ler dazu entschieden, einen gemeinsamen Ausflug in das 30 Minuten entfernte Idstein zu unternehmen. Das beschauliche Städtchen bot mit seinen fachwerklichen Gassen, kleinen Cafés und historischen Gebäuden eine romantische Atmosphäre, die alle bei bestem Wetter genießen konnten. Gemeinsam wurde alles erkundet, Kaffee getrunken und zum Abend beim Italiener eingekehrt.

Auch vor Ort wurde den Teilnehmern jeden Abend etwas geboten, vom Comedyprogramm, über Whiskey-Tasting, Disco, Wein und Streetfood und als krönender Abschluss am Freitag das Abschlussbankett mit herausragender Live-Musik durch die Brass Band „Verbläschää“ und dem anschließenden DJ. Die HKC-ler feierten auch hier ausgelassen, denn sie waren nicht nur eine Woche trainingsfleißig gewesen, sondern erfuhren auch ein paar Stunden zuvor, dass die drei Dan-Prüflinge des Vereins, Amy Lüer, Louis Keffel und Bianca Walsleben, bestanden hatten. Das wurde ausgelassen gefeiert und wird noch in einer Dan-Weihe im Dojo angemessen zelebriert werden.



Mehr Bilder oder Fragen zum Beitrag?
Dann meldet euch gerne unter oeffentlichkeitsarbeit@hkc-magdeburg.de